Ist die Marktführerschaft des deutschen Mittelstands in Gefahr? Schaut man auf Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung, die derzeit die politische Bühne beherrschen, so nehmen viele deutsche Hidden Champions – gerade im B2B-Bereich – hier keine Vorreiterrolle ein. Höchste Zeit, das zu ändern – welche Top-Themen Manager jetzt auf ihre To-do-Listen setzen müssen:
Der deutsche Mittelstand und seine Hidden Champions – eine echte Erfolgsgeschichte. Als Weltmarktführer setzten sie lange Zeit Maßstäbe, unter anderem im Anlagen- und Maschinenbau, in der Elektronik oder der Verpackungsindustrie. Jedoch: Eine glorreiche Vergangenheit ist kein Garant für eine aussichtsreiche Zukunft. Neue, digitale Technologien geraten in den Fokus, die Ansprüche von Kunden ändern sich. Klimaschutz, Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien, ein kleinerer ökologischer Fußabdruck: All das schafft vollkommen neue Marktverhältnisse für Unternehmen – auch im B2B-Bereich.
Studie zeigt: Nachhaltigkeit wird zum Hygiene-Faktor
Das zeigen auch die Erkenntnisse aus unserer aktuellen Global Sustainability Study: Durchschnittlich legen 78 Prozent der Verbraucher Wert auf Nachhaltigkeit und für über 60 Prozent ist es längst ein Kaufkriterium. Zudem ist schon ein Drittel der Konsumenten bereit, mehr für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu zahlen.
Hinzu kommt: All diese Zahlen unterscheiden sich, je nachdem, welches Alter die Befragten haben. Die jüngeren Generationen (Millennials und Generation Z) weisen bei vielen Fragen weitaus höhere Zustimmungswerte für Nachhaltigkeit auf, wodurch sich nur schlussfolgern lässt, dass der Trend für mehr Ressourcenschonung zukünftig noch weit mehr an Fahrt gewinnt.
In diese Richtung setzt auch die neue Bundesregierung ihre Weichen: Im Koalitionsvertrag wird die Klimakrise als Herausforderung für das ganze Land bezeichnet; Klimaschutz wird Querschnittsaufgabe für alle Ressorts – deshalb kommt ein Klimacheck für alle neuen Gesetze.
Effekte werden noch nicht ausreichend einkalkuliert
Das wird auch Auswirkungen auf die produzierende Industrie haben. Nicht nur werden neue Regularien und Gesetze vermutlich nicht lange auf sich warten lassen. Auch in den Vorständen Ihrer B2B-Kunden werden bald Generationen vertreten sein, die großen Wert auf Zukunftsthemen legen. Digitalisierung und Umweltschutz werden für Unternehmen in Zukunft zur Voraussetzung, nicht zum Alleinstellungsmerkmal.
Das zeigt sich auch auf anderen Gebieten, etwa neuen Bezahlmodellen. Auch im B2B-Bereich ist die „Subscription Economy“ auf dem Vormarsch. Kunden wollen weniger CAPEX, mehr OPEX, und gerne Gesamtlösungen „as a Service“. Hier geben eher US-Unternehmen den Ton an; der deutsche Mittelstand zieht bestenfalls nach. Das hat zur Folge, dass deutsche B2B-Unternehmen, die an traditionellen Angeboten, Bezahlmethoden und Geschäftsmodellen festhalten, nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Damit steht die Zukunftsfähigkeit einer gesamten Branche auf dem Spiel.
Wandel als Chance begreifen
Die beschriebenen Trends in den Fokus zu nehmen und als Chance zu sehen – das ist derzeit die einzige Möglichkeit für B2B-Hidden-Champions, sich weiterzuentwickeln und wettbewerbsfähig zu bleiben. Allerdings hapert es vielerorts noch an der Umsetzung dieser Ratschläge: Laut unserer Befragung unter Führungskräften in der Papier- und Verpackungsindustrie führen zwar 84 Prozent der Unternehmen aktuell Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit aus. Doch hat über die Hälfte davon keine klar definierte Strategie mit aufeinander aufbauenden Initiativen.
Strategisch und strukturiert vorzugehen ist jedoch der Schlüssel zum Erfolg für Innovationen. Wir haben fünf Bereiche definiert, auf die sich Manager jetzt konzentrieren sollten, um ihre Umsätze auch in Zukunft zu sichern. Entscheiden ist dabei, entstehende Maßnahmen nicht am Markt vorbei, sondern mit genauem Verständnis der Kundenbedürfnisse umzusetzen.
1. Zielmärkte analysieren
B2B-Märkte unterliegen heute durch Globalisierung und Digitalisierung einem Wandel wie nie zu vor. Hinzu kommt: Marktsegmente werden fragmentierter, daher sind spezifische Lösungen gefragt. Zudem steht, wie oben beschrieben, ein Generationswechsel an, was Digitalisierung im Vertrieb und eine Omni-Channel-optimierte Customer Journey zur Pflicht machen. Um mit diesem Wandel Schritt zu halten, müssen Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden sowie spezifische marktseitige Herausforderungen genau kennen. Daher sind aktuelle Marktbewertungen von geeigneten Absatzmärkten unerlässlich. Welchen Kundensegmenten sind nachhaltige Innovationen und Dienstleistungen besonders wichtig? Für welche Märkte lohnen sich Investitionen besonders?
2. Angebotsdesign erstellen
Nachdem Sie herausgefunden haben, für welche Kunden und in welchen Märkten sich innovative Produkte lohnen, müssen Sie auch dafür sorgen, dass im Angebotsdesign diese neuen Qualitäten sichtbar werden. Nachhaltige Rohstoffe, weniger Abfall oder geringerer Energiebedarf in der Produktion – all das muss wirkungsvoll an Kunden kommuniziert werden. Besonders erfolgsversprechend ist es, sich vom traditionellen produktorientierten Verkauf von Investitionsgütern weg hin zum dienstleistungsorientierten Angebot einer kundenwertbasierten Gesamtlösung zu bewegen. Mit dieser Methode – Servitization genannt – können sich Unternehmen erfolgreich von ihren Mitbewerbern abheben, den Kundennutzen steigern, Kaufbarrieren senken und die Kundenbindung erhöhen.
Eine zentrale Frage für das Angebotsdesign ist es, welche innovativen Produkte oder nachhaltigen Services bei der Entwicklung im Fokus stehen sollen. Um dabei auf die richtigen Themen zu setzen, empfehlen wir einen sogenannten Innovationstrichter inklusive Kundenbefragungen und strukturierten Priorisierungen: Welche Innovation hält dem Kundenwunsch stand? Wie hoch ist die Zahlungsbereitschaft?
3. Monetarisierung sicherstellen
Auf das passende Angebotsdesign muss unbedingt auch ein geeignetes Monetarisierungs- und Preismodell folgen, damit die angestrebten Innovationen auch nachhaltig lukrativ sind. Dabei sind traditionelle Bezahlmodelle wie Einmalzahlung nicht mehr zeitgemäß. Kunden fordern mittlerweile mehr Flexibilität, daher empfehlen sich wiederkehrende Bezahlmodelle, die auch einen nachhaltigen Mehrertrag generieren. Wie sieht das aus? Beispielsweise können Sie eine Monatsgebühr zur Nutzung einer Maschine veranschlagen, in der neben Wartung und Uptime-Garantie auch Mindeststandards für Rohstoffverbrauch und Emissionen festgelegt sind.
Die Höhe des festgelegten Preises bestimmt auch die Differenzierung des Produkts: Ist es schneller, effizienter oder nachhaltiger, dann können Sie diesen Mehrwert auch entsprechend bepreisen. Je nachdem wieviel Wert Ihre Kunden auf Nachhaltigkeit legen, können Sie so erheblich mehr Geld für Ihr Angebot erhalten.
4. Vertrieb befähigen
Vergessen Sie bei der Anpassung Ihres Produktportfolios nicht, Ihr Vertriebsteam ins Boot zu holen. Damit dort die Innovationen auch effektiv an die Kunden gebracht werden, ist ein Umdenken erforderlich. Geschäftsorganisation, Ressourcen und die Wertkommunikation sind auf das neue Angebot abzustimmen. Auch die Verschiebung Richtung Online-Vertriebskanäle unterstützt Ihr Nachhaltigkeitsargument (weniger Vertriebs-Reisekosten und Emissionen). Ein agiler, zunehmend remote-agierender Vertrieb ist daher ein wichtiger Bestandteil Ihrer Innovationsstrategie.
5. Prozesse und Infrastruktur anpassen
Darüber hinaus sind auch Anpassungen von Geschäftsprozessen und im IT-System nötig, um schnell und effizient die neuen Konzepte zu implementieren. Smarte Vertriebs- und Pricing-Software machen Ihre Vorgänge effizienter. Darüber hinaus sollten Sie auch darauf achten, KPIs für Ihr neues Angebot festzulegen und zu überwachen. Inwieweit konnten nachhaltige Produkte erfolgreich monetarisiert werden? Nur wenn Sie das stets im Blick behalten, können Sie agil auf mögliche Fehlentwicklungen reagieren.
Fünf Strategien für mehr Innovation
Marktanalyse, Angebotsdesign, Monetarisierungsstrategie, Vertriebsoptimierung und infrastrukturelle Veränderungen: Das sind zentrale Themen, die Sie zeitnah angehen müssen, um als B2B-Hidden-Champion nicht den Anschluss zu verlieren und in den genannten Zukunftsthemen mitmischen zu können.