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Energieportfolio neu gedacht: Wie individuelle Produktstrategien Energieversorger im Wandel erfolgreich machen

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Die Anforderungen an Energieversorger haben sich deutlich gewandelt, nicht zuletzt bedingt durch die Energiekrise. Verbraucher erwarten heute mehr als je zuvor personalisierte Beratung, maßgeschneiderte Lösungen und innovative Tarifmodelle. Laut der Simon-Kucher Energiemarktstudie 2023 (Simon-Kucher Energiemarktstudie 2023) planen 31% der Verbraucher, insbesondere unter 45 Jahren, innerhalb des nächsten Jahres ihren Anbieter zu wechseln. Dies spiegelt ein gesteigertes Bewusstsein für Preise und eine größere Bereitschaft zum Anbieterwechsel wider. 

In dieser sich schnell verändernden Energielandschaft stehen Versorger vor der Entscheidung, wie sie sich positionieren möchten. Während sich Nischenanbieter und Pioniere durch zielgruppenspezifische Angebote hervorheben können, stehen Incumbents vor der Herausforderung, ein umfassendes Angebot zu schaffen, das unterschiedlichste Kundenwünsche erfüllt. Die zentrale Frage dabei ist: Wie lässt sich ein breit gefächertes und zugleich kundenfreundliches entwickeln, das Informationsüberflutung vermeidet?

Simplicity is key - oder?

Individuelle, auf Kundengruppen zugeschnittene Produkte liegen im Trend, auch in Bereichen wie Versicherungen und Telekommunikation. Obwohl Fixpreistarife in Deutschland dominieren, zeigen Beispiele aus südeuropäischen Märkten die Vielfalt möglicher Tarifmodelle – von einfachen Hoch- und Niedertarifen bis hin zu innovativen, gamifizierten Stromtarifen. 

Ein mögliches Beispiel ist im spanischen Markt zu finden: Hier bietet ein großer Anbieter einen Tarif, bei dem durch das Erfüllen individueller Stromspar-Challenges direkte Cash-Boni erspielt werden können. Insbesondere die jüngere Zielgruppe und technisch versierte Kunden werden mit solchen Modellen angesprochen – doch auch konsum- und preisbewusste Verbraucher können von intelligenten Tarifen profitieren. 

Das richtige Level an Komplexität ist entscheidend

Der Deutsche Strommarkt, in dem Newcomer mit variablen oder dynamischen Tarifen bisher nur eine untergeordnete Rolle spielen, könnten mit der zunehmenden Verbreitung von Smart Metern und zunehmender Kundenakzeptanz eine steigende Nachfrage nach solchen Modellen erleben. Dabei bleibt jedoch die Herausforderung, den richtigen Grad an Komplexität zu finden. Letztlich ist die Suche nach einem Stromanbieter für die wenigsten Konsumenten eine Herzensangelegenheit, für die gerne umfassende Recherchen in Kauf genommen werden.  Kunden wünschen Tarife, ohne von der Auswahl überwältigt zu werden. Eine Lösung könnte eine einfache, bedürfnisorientierte Tarifauswahl basierend auf wenigen Screening-Fragen sein. Aufbauend auf den individuellen Bedürfnissen des Kunden hat sich dann eine  Auswahl von drei klar definierten Tarifen von Light bis Premium mit eindeutigem USP bewährt. Der Kunde behält seine Auswahl, ohne überladen zu werden. Weitere Nudges wie die Anzeige „Unsere Empfehlung“ oder „Bestseller“ helfen weiterhin bei der Entscheidung. Hiermit kann das im Hintergrund liegende Portfolio komplex sein, ohne dass es den Kunden überfrachtet. 

Es ist zu berücksichtigen, dass die Bedürfnisse einer Kundengruppe im Laufe ihres Lebenszyklus variieren. Während Kunden beim Wechsel des Stromanbieters zunächst überdurchschnittlich viel Wert auf Nachhaltigkeit und Image legen, zeigt die Simon-Kucher Energiemarktstudie 2023, dass Preis-Leistung nach zwei oder mehr Jahren weiterhin als der entscheidende Faktor bestehen bleibt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Während in der Neukundenakquise auch ein besonders regionales, nachhaltiges oder modernes Image den Erfolg bringen kann, so sollten bei Win-Back und Retention Aktionen ein direkter monetärer Vorteil bestehen.

Auge auf bei der Kanalwahl

Entscheidend für den Erfolg des Produktportfolios ist es, Produkte und Kanäle optimal aufeinander abzustimmen. Gerade neuartige, komplexe Produkte sind nicht für jeden Kanal geeignet: Während im Door-to-Door-Vertrieb ausführliche Beratung geleistet werden kann, so funktionieren Vergleichsportale nach gänzlich anderem Prinzip. Hierzu zählt vor allem ein leicht verständliches und preisgünstiges Produkt. Lange Erklärungen, unterschiedliche verbrauchsabhängige Komponenten und Ähnliches agieren hier nur als Conversion-Killer; nicht-monetäre Benefits eines Tarifs rücken in den Hintergrund. Während über direkte Vertriebskanäle die Qualität des Grünstroms (bspw. durch besondere Regionalität) ein wichtiger Faktor in der Kaufentscheidung sein kann, so dient er hier lediglich als Hygienefaktor.

Energievertrieb in einer transformativen Phase

Insgesamt steht der Energievertrieb an Endkunden an der Schwelle zu einer neuen Ära, getrieben durch digitale Innovationen und verändertes Verbraucherverhalten. In der Zukunft wird der Vertrieb von Energieprodukten zunehmend durch personalisierte und interaktive Kanäle geprägt sein. Hierbei spielen Datenanalyse und Künstliche Intelligenz eine Schlüsselrolle, um Kundenbedürfnisse präzise zu erfassen und passgenaue Angebote zu erstellen. 

Beispielsweise könnten intelligente, selbstlernende Systeme die Verbrauchsmuster der Kunden analysieren und darauf basierend individuelle Tarifempfehlungen aussprechen. Die Integration von Smart Home-Technologien bietet hierbei das Potential, den Energieverbrauch zu optimieren und den Kunden aktiv in das Energiemanagement einzubeziehen.

Ein weiterer Trend ist der verstärkte Einsatz von interaktiven, digitalen Plattformen, die nicht nur Tarifvergleiche ermöglichen, sondern auch umfassende Beratungsdienste und Energie-Management-Tools anbieten. Diese Plattformen könnten Features wie Chatbots für sofortige Unterstützung, Augmented Reality für das visuelle Verständnis von Energieverbrauch und -einsparung, sowie Gamification-Elemente zur Steigerung der Nutzerinteraktion und -bindung enthalten.

Außerdem wird der Fokus auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz weiter zunehmen. Zukünftig könnten Kunden verstärkt Einfluss auf die Energieerzeugung nehmen, etwa durch die Wahl von Tarifen, die direkt Investitionen in erneuerbare Energien oder Energieeffizienzprojekte unterstützen.

Zusammenfassend wird der zukünftige Energievertrieb an Endkunden durch eine Kombination aus technologischen Innovationen, personalisierten Dienstleistungen und einem verstärkten Fokus auf Nachhaltigkeit und Kundeneinbindung definiert sein.  

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