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Fallende Rohstoffpreise: Sind Preissenkungen der richtige Schritt?

Die Ingredients-Industrie ist ein hart umkämpfter Markt. Kunden erwarten eine glaubwürdige und teils transparente Preisgestaltung. Das Problem: Nach den sprunghaften Kostenanstiegen in den letzten Jahren, sind die wenigsten Unternehmen auf sinkende Rohstoffpreise eingestellt. Das Ergebnis: Verunsicherung. Und die Frage: Ist es an der Zeit, Kostensenkungen weiterzugeben? Ingredients-Experte Alexander Bilsing von Simon-Kucher erklärt, worauf es ankommt.

Dass auch gute Nachrichten eine Herausforderung sein können, zeigt die aktuelle Unsicherheit in der Ingredients-Industrie. Einserseits freut man sich über teilweise drastisch gesunkene Preise im Einkauf. Andererseits haben die wenigstens Hersteller Strategien in der Schublade, wie sie mit einer solchen Entwicklung umgehen sollen. Ist es sinnvoll, die Preise zu senken? Falls ja, wann, wie und in welchem Umfang? Auch wenn es hier keine pauschalen Antworten gibt, kann ein Leitfaden helfen.

 

Nur nichts überstürzen – Warum Vorsicht geboten ist

Zunächst einmal gilt: Die Vorsicht ist absolut berechtigt. Denn die Weitergabe von Kostensenkungen kann einen signifikant negativen Einfluss auf die Produktprofitabilität und den Gewinn haben. Die richtige Balance zwischen Kostensenkungen und gesunden Gewinnmargen ist entscheidend und nicht einfach zu finden . Insbesondere bei Produkten mit niedrigen relativen Margen, führen Preissenkungen sehr schnell zu massiver Gewinnreduktion.

Vielen wird auch die starke Korrelation zwischen Rohstoffkosten und Preis (Cost-Plus Pricing) zum Verhängnis. Wie sollen Hersteller reagieren, wenn die Kosten wieder steigen? Sind Ingredients Hersteller dann in der Lage, diese Anstiege in den Preiserhöhungen durchzusetzen? In einem reinen Cost-Plus Ansatz ist es viel schwieriger, Produkt- und Unternehmenswerte wie Services zu monetarisieren. Nichtzuletzt gefährden Preissenkungen auch die Preisstabilität. Eine Preisspirale nach unten ist für alle Marktteilnehmer nachteilig. Kostensenkungen sollten daher nie überstürzt an Kunden weitergereicht werden.

Was spricht für die Weitergabe von Kostensenkungen?    

Warum also sollten Ingredients-Hersteller die Weitergabe von Kostensenkungen in Betracht ziehen? Vor allem geht es um nackte Zahlen. Wer Kostensenkungen an seine Kunden weiterreicht, steigert häufig seine Wettbewerbsfähigkeit. Der Effekt? Nicht nur wird der Absatz geschützt. Im teilweise hart umkämpften Ingredientsmarkt führt eine Weitergabe von gesunkenen Rohstoffpreisen mitunter zur 

Neukundengewinnung mit Potential für Upsells und Cross-Sells. Durch den gesteigerten Absatz und die dadurch erzielte Produktionseffizienz sinken dann auch die Produktionskosten – der Gewinn steigt.

Wer nicht nur die kurzfristige Herausforderung, sondern auch die langfristigen Vorteile im Blick hat, weiß zudem, wie immens sich solche Entscheidungen auf die Zusammenarbeit mit Abnehmern auswirken können. Denn: Wer Kostensenkungen weitergibt, kann seine Geschäftsbeziehungen mitunter stärken. Als fairer Partner betrachtet zu werden, stärkt die eigene Beziehung. Dreht sich der Markt, wird eine Anhebung der Kosten oft eher toleriert und als gerechtfertigt angesehen. Preissenkungen bilden Vertrauen.

Fünf Indikatoren: Für welche Ingredients-Hersteller sind Preissenkungen sinnvoll?

Aber: Preissenkungen sind nicht für alle Ingredients-Hersteller sinnvoll. Mit Chancen auf der einen und großen Gewinnrisiken auf der anderen Seite, interessiert Unternehmen beim Thema Kostensenkungen vor allem eine Frage: Wie kann ich eine saubere Bewertung garantieren? Hier kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, wie entscheidend Transparenz, eine verlässliche Bewertung der zukünftigen Preisentwicklung von Rohwaren und das Einkalkulieren von Kosten wie Löhnen und Energie ist.

Wer also sollte Kostensenkungen weitergeben? Wir empfehlen hier auf sechs Indikatoren zu achten. Je mehr zutreffen, desto eher könnten Preissenkungen sinnvoll sein. Faktor 1: Aus Sicht der Abnehmer ist der Preis der wesentliche Kauftreiber. Dies gilt insbesondere für Produkte, die leicht durch Substitute zu ersetzen sind. Faktor 2: Die relativen Produktmargen erlauben es, die Preise zu senken. Dies ist meist nur bei hohen relativen Margen der Fall. Faktor 3: Die Preisreduktionen gehen mit großen Volumengewinnen einher. Faktor 4: Die Produkte haben einen hohen Cost-in-use Anteil, d.h. die Kosten der Rohwaren machen einen hohen Anteil der Gesamtkosten des Produkts aus. Faktor 5: Der Wettbewerb ist nicht sehr agil, und es besteht eine gute Chance, sich als „First Mover“ zu profilieren.

Die richtige Dosis: So finden Ingredients-Hersteller die beste Weitergabequote

Sollten Preissenkungen nun der richtige Schritt sein, stellt sich die Frage nach der Weitergabequote. Grundsätzlich gilt: Je höher der Cost-in-use Anteil, desto höher kann die Reduktion sein. Weiterhin wisssen wir auf Grund von zahlreichen Beratungsprojekten zum Thema Pricing, dass eine Weitergabe von 50 Prozent gewinnoptimal ist. Dennoch ist der richtige Faktor immer eine Einzelfallentscheidung, die sauber simuliert werden muss. Die wichtigste Komponente im Business Case ist dabei die Preiselastizität, d.h. eine Abschätzung des Mengenanstiegs als Folge der Preissenkung. Bestenfalls liegen hier Werte aus der Vergangenheit vor. Da dies jedoch meistens nicht der Fall ist, muss der Vertrieb eng in die Entscheidungsfindung einbezogen, Volumenabschätzungen mit validen Annahmen hinterlegt und die Reaktionen des Wettbewerbs beobachtet werden.

Der perfekte Zeitpunkt: Was gilt es zu beachten?

Letztlich ist der Zeitpunkt der Preisanpassung zu bestimmen. Hier ist es entscheidend zu wissen, wann die Kostensenkungen für das Unternehmen effektiv sind. Viele Ingredients-Hersteller haben immer noch viel 

Rohware auf Lager, die zu hohen Preisen eingekauft wurden. Eine verfrühte Preissenkung könnte hier fatal sein. Nicht zu vergessen: Der Zeitpunkt der letzten Preiserhöhung. Auch wenn die Weitergabe von gesunkenen Preisen Vertrauen fördert, können zu geringe Abstände zwischen Preiserhöhung und Preissenkung der Glaubwürdigkeit schaden. Wer als verlässlicher Partner gelten will, muss daher auch ein gewisses Maß an Stabilität ausstrahlen – und mit der Weitergabe von Preissenkungen unter Umständen warten.

Fazit: Bedacht handeln und clever investieren

Letztlich erfordert die Entscheidung, Kostensenkungen für Ingredients weiterzugeben, eine sorgfältige Bewertung der Marktdynamik, der Kundenerwartungen, der Rentabilitätsziele und der langfristigen Nachhaltigkeitsziele. Da diese immer auch mit einem hohen Risiko verbunden ist, braucht es hier entweder eine sichere Datenlage oder sehr verlässliche Kalkulationen. Besonders was Preiselastitität, Wettbewerbsfaktoren, Marktpositionierung und Kundensegmentierung betrifft, können Hersteller dies oft nicht selbst ausreichend abdecken. Wer allerdings in die entsprechenden Ressourcen investiert, kann sich mit der Weitergabe von Kostensenkungen einen entscheidenden Marktvorteil verschafften.

Alexander Bilsing ist Partner im globalen Consumer Sector von Simon-Kucher am Standort Köln. Er ist Experte für Wachstumsthemen entlang der Bereiche Strategie, Vertrieb und Pricing. Sein Fokus ist die Lebenmittelindustrie, in der er sowohl Ingredients-Hersteller als auch FMCG-Hersteller berät.

 

Über Simon-Kucher

Simon-Kucher ist eine globale Unternehmensberatung mit über 2.000 Mitarbeitenden in 30 Ländern weltweit. Unser Fokus: „Unlocking better growth“. Wir helfen unseren Kunden verantwortungsvoll und nachhaltig zu wachsen, indem wir jeden Aspekt ihrer Unternehmensstrategie optimieren, von Produkten und Preisen bis hin zu Innovation, Digitalisierung, Marketing und Vertrieb.

Mit 37 Jahren Erfahrung in Monetarisierung und Pricing gelten wir als weltweit führend in den Bereichen Preisberatung und Unternehmenswachstum.

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Press | Cologne, Germany
Alexander Bilsing
Partner | Cologne, Germany
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