Wandel, Digitalisierung, Nachhaltigkeit: Deutschlands B2B-Branchen tun sich häufig schwer mit diesen Trendthemen. Ein Fehler, sind sie bei den Kunden doch schon längst angekommen. Um nicht den Anschluss zu verpassen, müssen Industrieunternehmen daher schnell und strategisch vorgehen. Wir verraten, welche 4 Schritte eine nachhaltige Transformation ermöglichen.
Deutschlands wichtigstes Wirtschaftsstandbein – der Mittelstand mit seinen Hidden Champions – ist unter Druck: Zukunftsthemen wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit werden nicht zur Zufriedenheit einer sich verändernden Kundenstruktur behandelt, sowohl in B2C- als auch in B2B-orientierten Branchen. Ein Problem: Laut unserer aktuellen Global Sustainability Study sind knapp 80 Prozent der Verbraucher der Meinung, dass ökologische Nachhaltigkeit wichtig ist. Für 60 Prozent gilt sie als wichtiges Kaufkriterium. Und eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von 34 Prozent ist bereit, mehr für nachhaltige Produkte/Dienstleistungen zu zahlen.
Nachhaltigkeit bestimmt Debatte in B2B-Branchen
Die Auswirkungen dieses Trends sind in B2B-Branchen bereits deutlich spürbar. Darauf reagieren auch die großen Wirtschaftsverbände. So hat der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mit „Circular Economy“ eine Initiative ins Leben gerufen, die nachhaltiges Wirtschaften von der Produktentwicklung bis hin zur Wiederverwertung fördern soll. Mittels des Projekts „Blue Competence“ möchte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Nachhaltigkeit im Maschinen‐ und Anlagenbau nach vorne bringen und gleichzeitig nachhaltige Lösungen in der Branche bekannter machen.
Unternehmen haben ein nachvollziehbares Interesse daran, Nachhaltigkeit auf die Agenda zu setzen. Denn ressourcenschonende Technologien wie etwa erneuerbare Energien oder E-Mobilität sind für zahlreiche Akteure in ihrem unmittelbaren Umfeld von großem Belang:
- Kunden erwarten Nachhaltigkeit. Wer hier versagt, präsentiert sich als nicht zukunftsfähig.
- In Zeiten des Fachkräftemangels ist Nachhaltigkeit ein USP in der Mitarbeitersuche und zentraler Bestandteil einer attraktiven Employer-Branding-Strategie.
- Investoren sind vermehrt auf der Suche nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten. Sich hier auszuzeichnen, resultiert also möglicherweise in einer höheren Bewertung.
Das Problem: Eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie haben trotzdem nur die wenigsten Unternehmen. Denn durch die vielen Facetten, die Nachhaltigkeit in Bezug auf Geschäftsmodelle oder Produktportfolio hat, müssen häufig unterschiedlichste Argumente und Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen werden. Und nicht zuletzt bedingt eine effektive Nachhaltigkeitsstrategie auch, weitere Partner der Lieferkette ins Boot zu holen – vorhandene Informationsdefizite und Hemmungen hier abzubauen, ist für zahlreiche Firmen eine große Herausforderung. Wie der Schritt zu mehr Nachhaltigkeit trotzdem gelingen kann, erfahren Sie im Folgenden:
In 4 Schritten zu mehr Nachhaltigkeit
1. Verstehen Sie neue oder veränderte Kundenanforderungen und relevante Segmente
Die Zielgruppenbedürfnisse ändern sich wie eingangs beschrieben und damit wandeln sich auch die Anwendungsszenarien der Produkte und Services. Wurden früher Sensoren für die Öl- und Gasindustrie hergestellt, werden diese jetzt im Bereich E-Mobilität, Solarenergie und Wasserkraft eingesetzt. Dadurch werden neue, attraktive Märkte im Bereich Green Technology – Recycling, nachhaltige Energieerzeugung (Wind, Wasser, Solar, Blockheizkraftwerke, Elektromobilität), Green Production – erschlossen.
Damit das gelingt, müssen die Bedürfnisse dieser neuen Kunden ermittelt und verstanden werden. Aktuelle Marktbewertungen sind dafür unerlässlich. Welchen Kundensegmenten sind nachhaltige Produkte, Innovationen und Dienstleistungen besonders wichtig? In welchen Märkten ist das Potenzial besonders groß? Sobald solche „grünen Wachstumsmärkte“ erkannt sind, werden ihre klaren Anforderungen systematisch herausgearbeitet.
2. Implementieren Sie Nachhaltigkeit im Produktportfolio
Sobald bekannt ist, was Kunden unter Nachhaltigkeit verstehen und was sie sich diesbezüglich wünschen, wird das Produktportfolio darauf ausgerichtet. Folgende ökologischen Ansätze sind dabei für verschiedene Zielgruppen denkbar:
- Einsparung wertvoller Rohstoffe
- Effizienzsteigerung vorhandener Maschinen (Retrofits)
- Digitale Optimierung von Planung und Produktion von Technik für nachhaltige Infrastruktur
- Erhöhung der Nachhaltigkeit der eigenen Produkte im Portfolio
Damit verbunden ist auch die Frage: Welchen Nutzen haben diese Maßnahmen sowohl aus moralischer, aber auch aus monetärer Sicht (etwa Einsparungen durch eine bessere Energiebilanz) für die Zielgruppe? So wird das Angebot angepasst und Nachhaltigkeit sichtbar und quantifizierbar dargestellt.
Jedoch ist bei einer Portfolioumstrukturierung auch Vorsicht geboten: Mehr Nachhaltigkeit kann zu Kannibalisierungseffekten führen, indem beispielsweise die Kalkulationen bezüglich Produktlebensdauer nicht mehr aufgehen. Das ist entsprechend im Portfoliodesign und bei der Monetarisierung zu beachten.
3. Ermöglichen Sie die Monetarisierung von Nachhaltigkeit
Bei der Monetarisierung von Nachhaltigkeit wird auf Value-based Pricing, also wertorientierte Preisgestaltung gesetzt. Nachhaltigkeit spiegelt aus Kundensicht eine höhere Wichtigkeit, damit steigt auch die Zahlungsbereitschaft.
Je mehr über die Zahlungsbereitschaften entlang der Supply Chain bekannt ist, desto besser können diese genutzt werden. Konsumentenbefragungen zeigen, dass am Ende der Wertschöpfungskette eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft herrscht – wodurch auch bei B2B-Abnehmern Nachhaltigkeit effektiv zusätzlich monetarisiert werden kann. Machen Sie sich diesen Effekt zunutze: Kommunizieren Sie das erhöhte Monetarisierungspotenzial und gehen Sie – wo nötig und möglich – Kooperationen ein, um gemeinsam nachhaltiger zu agieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Differenzierung nach Kundensegmenten: Welches Segment ist aufgrund welcher Mehrwerte bereit einen höheren Preis zu zahlen?
4. Verankern Sie Nachhaltigkeit in Ihrer Organisation
Im Vertrieb muss ein Umdenken sowohl die Vertriebswege als auch die Wertargumentation betreffend stattfinden.
Ganz nach dem Prinzip „Tu Gutes und rede darüber“ muss Kommunikation ansprechend und transparent über die neuen Ansätze informieren. Damit der erreichte Mehrwert des nachhaltigen Portfolios evident wird, braucht es eine konsistente und vor allem konsequente Wertargumentation. Um Glaubwürdigkeit zu schaffen, spielen Ökozertifizierungen hierbei eine entscheidende Rolle.
Fazit: Jetzt die Schritte hin zu mehr Nachhaltigkeit gehen!
Deutschlands B2B-Branchen tun sich noch schwer damit – aber gerade sie müssen Wandel und Nachhaltigkeitsthemen als Chance begreifen und zielorientiert entwickeln. Zwar ist das Bewusstsein der Industrie für mehr Nachhaltigkeit bereits vorhanden, doch eine klar definierte Strategie mit aufeinander aufbauenden Initiativen fehlt vielen noch immer.
Daher ist es entscheidend, strategisch anhand von gezielten Maßnahmen vorzugehen: Zielgruppen analysieren, Themen identifizieren, Innovationsdesign erstellen, Monetarisierung sicherstellen, Wertkommunikation ausarbeiten sowie Prozesse und Infrastruktur anpassen. Nachhaltigkeit ist kein Zukunftsthema, sondern ein Schlüsselthema der heutigen Zeit. Verpassen Sie nicht den Anschluss!