Für Herstellerpreise geht es steil bergauf. Seit Monaten werden Händler aller Branchen täglich mit Preissteigerungen konfrontiert, die bewertet, verarbeitet und an den Kunden weitergegeben werden müssen. Doch die rasanten Entwicklungen erschweren ein optimales Inflationsmanagement und führen oftmals zu impulsiven, unkoordinierten Reaktionen. 4 Schritte helfen dabei, die Situation zu meistern.
„Preissteigerungen erreichen uns täglich. In den meisten Fällen schaffen wir es nicht einmal, die neuen Preise zu bewerten oder beim Hersteller anzurufen. Jeder Category Manager versucht irgendwie klarzukommen.” Aussagen wie diese hören wir von unseren Kunden aus dem Handel derzeit immer öfter. Was das bedeutet? Offensichtlich fehlen ihnen Strukturen und eine geeignete Richtschnur, um der aktuellen Situation angepasst zu handeln.
Steigende Herstellerpreise: Händler im Dilemma
Trotz Versuchen, Preissteigerungen nach Möglichkeit artikelgenau oder zumindest je Marke umzusetzen, verläuft die Entwicklung laut Angaben aus dem Retail zu rasant, als dass die Verkaufspreise aller betroffenen Artikel unmittelbar angepasst werden könnten.
In der Praxis zeigt sich, dass Händler die Situation überwiegend unkoordiniert handhaben. Während einige auf den Anstieg der Herstellerpreise gar nicht reagieren und damit schwindende Margen verzeichnen, verschrecken andere ihre Kundschaft mit übersteigerten Preisanpassungen.
Die finanziellen Auswirkungen all dessen sind noch nicht abzusehen. Fest steht aber, dass der impulsive Umgang mit den derzeitigen Preiserhöhungen und die fehlende Berücksichtigung der Kundensicht Konsequenzen nach sich ziehen.
Optimales Inflationsmanagement: 4 Schritte für den Umgang mit hohen Preissteigerungen
Anhand der Situation wird deutlich: Händler brauchen einen strukturierten Vorgang zur Analyse der Wettbewerbs- und Kundenreaktionen. Nur so können sie unserer Überzeugung nach die Verkaufspreise optimal anpassen, ohne dabei das Preisimage zu gefährden. Anhand der folgenden vier Schritte zeigen wir Ihnen, wie Sie als Händler mit der aktuellen Situation am besten umgehen können, und erläutern unser Vorgehen.
Schritt 1: Ermitteln Sie Ihren Bedarf an Preisanpassungen
Optimalerweise beginnen Sie Ihr Inflationsmanagement damit, den Bedarf an Preisanpassungen zu ermitteln. Die Fragen, mit denen Sie sich im Zuge dessen zunächst auseinandersetzen sollten:
1. Bei welchen Artikeln erhöhen sich der UVP bzw. Einkaufspreis am stärksten?
Das impulsive Verhalten bei Preisanpassungen wird vor allem auch durch mangelnde Strukturen versucht. Behalten Sie also den Überblick und erstellen Sie eine Auflistung über UVP- bzw. Kostenänderung pro Artikel, einschließlich des UVP aus dem Vorjahr, dem aktuellen UVP und der prozentualen UVP-Änderung.
2. Welche Artikel weisen das höchste Margenrisiko auf?
Untersuchen Sie das Margenlevel pro Artikel und ermitteln Sie den Status quo. Identifizieren Sie Artikel mit unterdurchschnittlichen Margen, überprüfen Sie deren Verkaufspreise und bestimmen Sie so die Artikel, die den höchsten Preisanpassungsbedarf aufweisen.
Schritt 2: Entwickeln Sie einen differenzierten Ansatz zur Weitergabe der höheren Kosten
Preiserhöhungen kommunizieren, ohne Kunden zu verlieren – eine heikle, aber notwendige Herausforderung. Auch hier ist taktisches Vorgehen essenziell. Die zwei zentralen Fragen, die mit Schritt 2 einhergehen:
1. Bei welchen Artikeln sollten Sie die Kostenerhöhungen vollständig an den Endkunden weitergeben, bei welchen nur teilweise?
2. Wo sollten Sie ins Preisimage investieren und wo können Sie höhere Margen realisieren?
Erstellen Sie dazu vorzugsweise ein Bewertungscluster und legen Sie den Stellenwert der einzelnen Artikel von „stark“ bis „schwach“ fest (Alltagsprodukte/Produkte mit hohem Wettbewerbsdruck vs. Exklusivprodukte). Ermitteln Sie daraufhin das Ausmaß der Preiserhöhungen je Bewertungscluster und integrieren Sie dabei auch strategische Prüfschritte wie Preisfamilien, Preislogik etc. Auf Grundlage dessen können Sie nun eine differenzierte Weitergabe der Kostenerhöhungen sicherstellen.
Schritt 3: Antizipieren und bewerten Sie die Wettbewerbsreaktion
Nicht außer Acht zu lassen ist der Umgang der Wettbewerber mit der Situation. Denn der Kunde kann sich im ungünstigsten Fall umorientieren, wenn er oder sie bei einem Konkurrenten auf bessere Preise stößt. Stellen Sie sich also die Fragen:
1. Wie wird der Wettbewerb auf geplante Preisänderungen reagieren?
2. Wo werden Wettbewerber schnellstmöglich gleichziehen und wo nicht?
Definieren Sie dazu zunächst relevante Wettbewerber pro vorab entwickeltem Bewertungscluster. Versuchen Sie dann, die Marktreaktion auf die geplanten Preisänderungen zu antizipieren: Welche Preise werden in welchem Umfang zu welchem Zeitpunkt aller Voraussicht nach angepasst werden?
Die Transparenz über das Wettbewerbsverhalten können Sie dazu nutzen, Schlussfolgerungen für Ihre geplanten Preisänderungen abzuleiten und Preise gegebenenfalls nachträglich zu präzisieren.
Schritt 4: Simulieren Sie finanzielle Effekte und setzen Sie die neuen Verkaufspreise um
Im letzten Schritt geht es für Sie schließlich darum, die Verkaufspreise umzusetzen und die finanzielle Entwicklung in den Blick zu nehmen. Die zwei wesentlichen Fragestellungen:
1. Wie wirken sich die Preisänderungen auf finanzielle Kennzahlen aus?
2. Wie können die neuen Verkaufspreise schnellstmöglich umgesetzt werden?
Nun können Sie damit beginnen, die neuen Preisvorschläge zu berechnen. Achten Sie dabei auch darauf, die vorab gewonnenen Erkenntnisse einzubeziehen und die übergreifende Preisarchitektur und -logik Ihres Sortiments zu berücksichtigen. Bereiten Sie sich zudem auf mögliche Entwicklungen vor, indem Sie finanzielle Effekte und unterschiedliche Szenarien simulieren. Nachdem Sie Feedback eingeholt und die neuen Preise abgestimmt haben, können Sie sich sodann an die Implementierung der neuen Verkaufspreise begeben.
Auf die Umsetzung sollte auch ein genaues Monitoring erfolgen. Behalten Sie also im Blick, wie sich die Verkaufs-, Kunden- und Margenzahlen entwickeln, und beobachten Sie zudem die Reaktion des Wettbewerbs.
Fazit: Strukturiertes Vorgehen für optimales Inflationsmanagement
Die starken Preissteigerungen der Hersteller sind für die meisten Händler derzeit eine enorme Herausforderung. Wer jedoch strukturiert vorgeht, ebnet den Weg für ein optimales Inflationsmanagement und vermeidet impulsive Reaktionen. Unser Vier-Schritte-Modell zeigt: Wenn Sie Ihren Bedarf an Preisanpassungen sorgfältig ermitteln, die Reaktion der Wettbewerber antizipieren, unter Berücksichtigung der denkbaren finanziellen Effekte die Verkaufspreise implementieren und dabei Kostenerhöhungen differenziert an die Kunden weitergeben, können sie die aktuelle Situation sicher meistern. Koordiniertes Inflationsmanagement zahlt sich aus – legen Sie jetzt damit los.
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