Obwohl sich ihr wirtschaftlicher Status zunehmend verbessert, werden laut aktueller Simon-Kucher-Studie Frauen als Kundensegment in der Vermögensberatung unzureichend angesprochen. Wie können Finanzinstitute Frauen bei ihrer Finanzplanung und ihren Investitionsbedürfnissen besser unterstützen? Welche Maßnahmen ermutigen Frauen dazu, einen vergleichbaren Anteil ihres Vermögens anzulegen wie Männer und somit das Anlagegefälle zwischen den Geschlechtern auszugleichen?
Laut der aktuellen Simon-Kucher-Studie „Wealth Management: Building a Winning Client Experience for Women“ ist das Vermögen von Frauen in den USA und Kanada zwischen 2016 und 2021 um 180 Prozent schneller gewachsen als das von Männern.
Zahlreiche demografische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Faktoren erklären dieses Phänomen. So ist der Anteil der US-Unternehmen, die sich mindestens zu 51 Prozent in Frauenhand befinden, sprunghaft angestiegen und liegt in 2019 bei 42 Prozent. Laut Schätzungen von Forbes ist die Zahl der amerikanischen Selfmade-Frauen mit einem Nettovermögen von 250 Millionen US-Dollar oder mehr von 50 (im Jahr 2015) auf 92 (im Jahr 2022) gestiegen. Ähnliche Beobachtungen können in Europa gemacht werden. Der Anteil von Frauen in Vorständen großer deutscher Unternehmen ist im Jahr 2021 laut Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Freien Universität Berlin mit 15 Prozent höher als jemals zuvor. Auch die Anzahl weiblicher Gründerinnen in Deutschland ist laut Businessinsider mit knapp 16 Prozent auf einem Höchststand.
Erfolgreich zeigen sich zudem Bemühungen, das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern zu beseitigen. Obwohl in diesem Kontext immer noch Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen, verringert sich – insbesondere bei jüngeren Arbeitnehmern – die Diskrepanz. Untersuchungen des Pew Research Center zeigen, dass amerikanische Frauen im Alter von 25 bis 34 Jahren im Jahr 2020 93 Cent für jeden Dollar verdienten, den ihre männlichen Kollegen verdienten – ein großer Sprung, verglichen mit 67 Cent für jeden Dollar, den Männer derselben Altersgruppe im Jahr 1980 verdienten. Indes blicken in 22 US-Metropolen, darunter New York, Washington D.C. und Los Angeles, junge Frauen unter 30 Jahren inzwischen auf genauso viel Einkommen oder verdienen sogar mehr als Männer.
Obwohl ein großer Teil des gesellschaftlichen Vermögens auf Frauen entfallen, haben Finanzinstitute nicht damit Schritt gehalten, den Bedürfnissen ihrer Kundinnen hinsichtlich Finanzplanung und Anlageberatung gerecht zu werden. Nahezu ein Drittel mehr Frauen als Männer sind der Auffassung, dass die Angebote ihrer Banken nicht ihren Bedürfnissen entsprechen. Weibliche Anleger besitzen andere Präferenzen als männliche Anleger. Zudem sind sie abweichenden Rahmenbedingungen ausgesetzt – angefangen bei ihrer längeren Lebenserwartung und den durchschnittlich höheren medizinischen Ausgaben bis hin zum häufig früher einsetzenden Ruhestand. Die Studie deckte einen Mangel anpassenden Kundenerlebnissen, unzureichend zugeschnittene Unterstützungsprogramme und nicht aufeinander abgestimmte Produkte und Dienstleistungen auf.
Laut unserer Studie investieren amerikanische und kanadische Frauen im Vergleich zu Männern rund 22 Prozent weniger ihres Vermögens in Anlagewerte. Eine versäumte Chance wie die Simon-Kucher-Analysen ergaben: Wären Frauen hier mit Männern gleichgezogen, hätten Finanzinstitute im Jahr 2021 bis zu 14 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Gebühreneinnahmen erzielen können.
Wie also können Finanzinstitute Frauen bei ihrer Finanzplanung und ihren Investitionsbedürfnissen besser unterstützen? Welche Maßnahmen können Frauen dazu ermutigen das Anlagegefälle zwischen den Geschlechtern auszugleichen?
Banken müssen verstehen, was das wachsende Kundinnensegment von seinem Finanzinstitut erwartet. Im Zuge dessen bedarf es einer differenzierten und maßgeschneiderten Value Proposition, um Frauen zu gewinnen, zu halten und zu binden. Drei wesentliche Handlungsempfehlungen, die sich aus der nordamerikanischen Studie ableiten lassen und gegebenenfalls auch in Europa Anklang finden:
Mehr Verbundenheit: Finanzinstitute sollten persönlich(er) werden
Weibliche Kunden legen mehr Wert auf aufmerksamen Service, persönliche Beziehungen und den Kontakt zu einem vertrauenswürdigen Kundenberater. Letzterer stellt damit einen entscheidenden Faktor für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit diesem Kundensegment dar. Unserer Studie zufolge bevorzugen Frauen im Vergleich zu Männern dabei eher den menschlichen Berater als eine digitale Selbstbedienung. So wünschen sich 30 Prozent mehr Frauen als Männer eine persönliche Vermögensberatung.
Diese Präferenz der persönlichen Beratung ist von großer Bedeutung für das zukünftige Wachstum und die Rentabilität von Finanzinstituten. Nahezu zwei Drittel (65 Prozent) der Anlegerinnen sind laut Simon-Kucher-Analyse dazu bereit, für eine persönliche Beratung einen Aufschlag von 20 Prozent zu zahlen.
Mehr Bildung: Finanzinstitute sollten Trainingsprogramme zur Verfügung stellen
Der Unterschied zwischen Frauen und Männern macht sich insbesondere in der Art und Weise bemerkbar, wie sie Finanzberatung suchen und in Anspruch nehmen wollen. Frauen sind deutlich mehr als Männer daran interessiert, ihr Finanz- und Anlagewissen durch gezielte Weiterbildung auszubauen und wünschen sich zudem Zugang zur langfristigen Vermögensberatung.
Mehrere Target Operating Models kommen für Finanzinstitute infrage, um speziell auf Frauen zugeschnittene Dienstleistungen anzubieten. So etwa können Finanzinstitute Partnerschaften mit Finanzausbildern oder gar Finanz-Influencern („Fintokers“) eingehen, um finanzielle Inhalte auf verständliche und zugängliche Weise zu vermitteln. Ein weiterer Ansatz kann darin bestehen, eine segmentspezifische Wealth Academy in das Kundenerlebnis einzubetten. Zu guter Letzt ist auch die Gründung einer eigenständigen Marke denkbar, unter der eine solide Anlageplattform und zugeschnittene Dienstleistungen für Frauen angeboten werden können.
Mehr Ganzheitlichkeit: Finanzinstitute sollten eine holistische, langfristige Vermögensberatung sicherstellen
Umfassende, langfristige Finanzplanung und -beratung sind für eine überwältigende Mehrheit der Frauen wichtig. Eine strategische, ganzheitliche Vermögensberatung wünschen sich ganze 89 Prozent der nordamerikanischen Studienteilnehmerinnen. Für Finanzinstitute bietet sich damit eine Gelegenheit, durch eine umfassende Vermögensberatung eine engere Beziehung zu ihren Kundinnen aufzubauen. Beim Ansatz des „Holistic Wealth Management“ nimmt der Kundenberater eine strategische 360-Grad-Sicht ein, die alle Aspekte der Vermögensberatung auf Kundenseite berücksichtigt, einschließlich illiquider und nicht bankfähiger Vermögenswerte.
Durch die Umstellung auf ein strategischeres Engagement-Modell nimmt die Interaktion zwischen Berater und Kunde die Form einer Partnerschaft an, die ein nahtloses und umfassendes End-to-End-Erlebnis über alle Produktlinien hinweg und in Zusammenarbeit mit Drittanbietern und Experten ermöglicht.
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Sie das Ertragspotenzial von Frauen im Wealth Management erschließen können? Fordern Sie ein Exemplar der nordamerikanischen Studie an oder setzen Sie sich mit uns in Verbindung.